Armenviertel von Amerika

Ein Blick auf die Uhr. 14 Uhr am nachmittag. Die Sonne schien und der Geruch von heruntergekommenen Häusern und Müll machte die Runde. Flint lief ein paar dunkle Gassen entlang. Endlich hatte er mal wieder etwas zu essen auftreiben können. Lässig lief er weiter und klopfte dann gegen eine Tür von einem dieser Häuser. Sie mussten ihm schon aufmachen und das möglichst schnell. Immerhin hatte er sich das meiste Essen 'geborgt'. Was manche Leute nicht so toll finden, aber ihm war es ja eh egal. In Bronx Slums war das ja schon zur Gewohnheit geworden. Seine Familie bestand nur aus Sebastian, ihm, 3 weiteren Jungen und 3 Mädchen.

Sebastian stieg aus einem Auto eines älteren Mannes aus, welcher locker um die 70 oder 80 Jahre geschätzt werden könnte. Jeder andere Mensch würde sich von diesem Mann entfernen, gerade wegen seines ekelerregenden Äußeren und seines haarlosen Hauptes. Doch Sebastian musste es tun, und er tat es schon seit vielen Jahren. Seinen Körper spürte er schon lange nicht mehr. Er war mehr ein Spielzeug, ein Spielzeug, welches anderen Männern Lust bereiten würde. Das Gefühl des Ekels unterdrückte er erfolgreich. Manchmal nahmen aber auch ein paar bunte Pillen seinen Schmerz. Der Schmerz, der ihn langsam aber sicher innerlich auffraß.

Flint war überhaupt nicht mit dem beruf seines großen Bruders einverstanden. Sicher war auch nur Butler und Hausmädchen für die Menschen die im Reichenviertel lebten, und sicher sie verletzen ihn auch, aber das was seb da machte, war doch schon nicht mehr normal. Doch momentan konnte sich Flint keine Gedanken darüber machen, weil er mit auspacken beschäftigt war und seine Schwester um ihn herumwirbelten. Außerdem hatte er den Älteren wirklich nicht bemerkt, sonst wäre es ihm, bei dem Anblick seines Bettgefährten hochgekommen.

Mit einem verhaltenen Winken und einem knappen Lächeln verabschiedete sich Sebastian von dem älteren Mann, einem seiner Stammfreiern. Er mochte den Mann schon irgendwie, er war nicht so rücksichtslos und brutal, wie manch andere der Männer. Einmal hatte er sogar auf Sebastians Bedürfnisse Rücksicht genommen, auch wenn er dann dafür nur die Hälfe bezahlt hatte. Er wurde von den Männern stets als ein Stückchen Fleisch gesehen, ohne Rücksicht auf dessen Gefühle handelten die Männer und trieben Sebastian somit an die Grenze seines Schmerzempfindens. Zumindest war dies am Anfang so. Heute war ihm alles gleich. Sollten sie seinen Körper doch benutzen. Hauptsache war ja, Geld zu verdienen.

Flint hatte mal wieder einige Blessuren von sich getragen und versuchte sie zu verbergen. Hoffentlich gelang es ihm und niemand bekam davon etwas mit. Seine Chefs, waren ganz strenge Leute und behandelten ihn wie den letzten Dreck, eben weil er aus Bronx Slums kommt und für einen Hungerlohn, so findet er, arbeitet. Außerdem hatte er Angst, das seine familie von der einen sache erfuhr und ihm vielleicht verbot weiter zu arbeiten. Sie bauchten das Geld doch und ohne das waren sie aufgeschmissen. Es reichte schon vorne und hinten Nicht, da konnten sie sich das nicht auch noch leisten.

Müde und erschöpft schlich Sebastian auf leisen Sohlen auf das alte Haus zu, welches seiner Familie als Zufluchtsort diente. Wenigstens dort wurde Sebastian akzeptiert, wurde nicht als Lustknabe gesehen und hatte endlich seine Ruhe vor den Blicken der gierigen Männer. Wie er es leid war, der Lust der Männer zu dienen, doch was sollte er tun? Das Geld wurde immer knapper und bald würden sie vielleicht auch das Haus verlieren, wenn er aufhörte, den Männern zur Verfügung zu stehen. Leise trat er ein und sah bereits dessen kleinen Bruder - Flint. Der wichtigste Mensch in seinem Leben.
"Hey."

Flint war gerade dabei das Essen zu machen. Es war nicht viel. Nur das was er mit seinem geld besorgen konnte. Eintopf würde es heute nur geben, wie so oft. Er hatte nicht alles Geld ausgezahlt bekommen, deshalb diese hagere Kost. dann hörte er eine, ihm wohlbekannte stimme. Ohne sich umzudrehen begrüßte er seinen großen Bruder. " Hey Sebastian. Du bist ja wieder da!" meinte er dann und sah auf seine Zutaten. Hoffentlich reichte es für alle, ansonsten aß er eben Nichts. Ließ sich dann auch nicht verhindern. " wie war es auf arbeit?" fragte er kurz angebunden nach und verschloss sich dann zunehmend.

Sebastian begab sich in die Küche um Flint näher zu sein. Er legte kurz von hinten seine Hände auf die Taillie seines kleineren Bruders, löste sich aber schnell wieder, da er Angst hatte, abstoßend auf Flint zu wirken. Wer begab sich schon freiweillig in die Nähe eines Srichers und ließ sich sogar noch von diesem berühren? Er schluckte den Schmerz hinunter und besah das Essen. Ein Eintopf. Zum Glück hatte der Junge kein Hunger, denn was es zu Essen gab, würde nicht wirklich für drei Personen reichen. Kurz ging er in das obligatorische Bad und wusch den Schmutz der Freier weg, ehe er erneut in die Küche ging und sich ein Glas Wasser besorgte. Wasser war etwas, was sie eigentlich stets im Hause hatten.
"Ja, wie immer und bei dir?"
Mehr äußerte Sebastian nicht zu seiner Arbeit. Es tat viel zu sehr weh, darüber zu sprechen.

Flint spürte wie Sebastian ihn berührte und wusste damit nicht wirklich umzugehen. Das taten keine Brüder. Seb, er und ihre ältestes jüngere Schwester, wohnten hier. Der Rest, in einem anderen teil von bronx. Sie Drei mussten auf sich selber aufpassen. Er sollte von seiner Arbeit erzählen? " Ähm....gut!" war seine Antwort und man merkte durch seinen ton das irgendetwas war, er darüber aber nicht reden wollte. Ihre Schwester Audrey, kam auch gerade herein. Er teilte den Eintopf auf drei Teller auf und welch ein Wunder es reichte. Dann stellte er sie vor Audrey, Sebastian und seinen Platz. " ich hoffe sie schmeckt einigermaßen!" meinte er dann nur.

Sebastian verfluchte sich dafür, Flint so angefasst zu haben. Auch, wenn sie keine Brüder in dem Sinne waren, konnte man sie gut als diese bezeichnen. Schon immer hatten sie sich gekannt und konnten ohne den jeweilig anderen nicht wirklich leben. Zumindest ging es Sebastian stets so. Dieser nickte nur bei Flints Antwort und nahm am Tisch Platz, während er Audrey begrüßte. Er schob den Teller beiseite und nahm einen Schluck des kühlen Wassers. Hunger hatte er gerade wirklich nicht, denn der Ekel dominierte noch immer in seinem Magen.
"Ich habe keinen Hunger, trotzdem danke für das Essen."

" bas, ich hab extra was zu essen gemacht und es besorgt. Ich hab so schon nicht das ganze Geld bekommen, was mir zusteht, da konnte ich keinen Großeinkauf machen. Ich habe gehofft das du wenigstens ein kleines bisschen was isst!" plauderte Flint dann aus Versehen die Sache mit dem geld aus. Sein Shirt versuchte er runterzuziehen, damit sebastian die Blessuren nicht sah. Sein großer Bruder würde bestimmt austicken und das konnten sie nicht gebrauchen. Er war schon lange hier und er hatte seb von der ersten minute an gemocht, als Flint noch ganz klein war.

Sebastian sah Flint seufzend an, wusste aber trotzdem nicht wie er ihm erklären sollte, dass ihm noch immer die Übelkeit plagte. Noch immer spürte er die tastenden und teilweise brutalen Hände auf seinem Körper, die ihn überall berührten, ihre Lust an ihm befriedigten und dabei keine Rücksicht auf dessen Gefühle nahmen. Aber warum sollten sie auch?`Immerhin war Sebastian nur ein Stricher, welcher nun einmal dafür da war.
"Nein, tut mir leid, Flint. Ich bekomme wirklich keinen Bissen..."
Noch ehe Sebastian aussprechen konnte, stürmte er aus der Küche, hinein in das Bad und entledigte sich dem Übelgefühl.

Flint sah Sebastian hinterher und stand dann wortlos auf. Den Inhalt von sebs teller, schüttete er in den Topf zurück und verstaute diesen in einem Kühlschrank, wenn sie denn mal strom hätten, damit dieser ging. Dann halt nicht. Wenns ein großer Bruder nicht wollte dann hatte er Pech gehabt, aber warum hatte er dann das Gefühl der Enttäuschung und Traurigkeit? Er schluckte und wusch dann auf, bevor er nach draußen Verschwand um am Stadtbrunnen Wasser zu holen. Ein Glück hatten sie mehrere hier in Bronx. Nicht nur den Einen in der Stadtmitte. da hätte er nämlich laufen können. Die Luft tat gut, ob sie jetzt frisch war oder nicht. hauptsache draußen. Er war irgendwie gekränkt.

Sebastian saß gefühlte 2 Stunden vor der Toilette und erbrach sich die Seele aus dem Leib. Hatte er das Gefühl, sein eigentlich inhaltsloser Magen würde nicht noch leerer gehen können, erbrach er sich erneut. Er wusste, woran dies lag und dass er diesen Umstand aus seinem Leben entfernen sollte, aber es ging einfach nicht. Er benötigte das Geld wie nichts mehr in seinem Leben. Er war abhängig davon, wenn er seine Familie und sich nicht auf die Straße befördern wollen würde. Als er endlich das Gefühl hatte, vollkommen entleert zu sein, spülte er sich den Mund aus und putze sich die Zähne. Danach nahm er noch eine Dusche und fühlte sich wenigstens etwas sauberer.

Flint kam derweil mit dem Wasser wieder und hatte abgewaschen. das Geschirr hatte er auch schon verstaut und das dreckige Wasser beiseite gestellt. das brauchten sie bestimmt ncoh für irgendwas. Man sollte ja Nichts wegschmeißen, wenn man schon so wenig hatte. Er verdiente auch sein Geld und es würde bestimmt reichen sie drei über wasser zu halten. Im Notfall mussten sie halt alle wieder zurück zu den Anderen ziehen, solange sie auf ihr Geld angewiesen waren. Er saß draußen, in einer Art kleinen Garten auf einem Fass und dachte nach. Er war immer noch gekränkt und ein klein wenig sauer. Da wollte er nur nett sein und was war der Dank dafür? Seinen anderen teil des Lohns musste er ja auch noch holen. davor graute es ihm.

Erschöpft machte sich Sebastian auf den Weg in sein Zimmer. Vielleicht würde etwas Schlaf helfen, seinen Lebensumstand zu vergessen. Er sehnte sich danach, alles ungeschehen machen zu können, vor allem die gierigen und tastenden Hände auf seinem Körper, den Geruch der Männer oder aber ihr Stöhnen und ihre Lust. Wie kam es bloß dazu, dass er nun in diesem Teufelskreis geraten war? Warum ausgerechnet er? Seufzend drehte sich Sebastian auf die andere Seite seines Bettes und fand nach gefühlten zwei Stunden endlich in seinen wohlverdienten Schlaf.

Flint seufzte. Das hatte doch alles keinen Sinn. Er suchte sich von irgendwoher einen Zettel und einen Stift und schrieb eine Nachricht an die anderen beiden, das er mal eben was erledigen war. Dann nahm er sich Jacke und verschwand auch schon. nach ungefähr einer halben Stunde kam er dann an seinem Arbeitsplatz an um sein restliches Geld zu holen. Es dauerte über 2 Stunden und war plötzlich schneller draußen als man gucken konnte. Schon war er im bus verschwunden. davon durfte er niemanden erzählen. Schon gar nicht Sebastian. Der würde hochgehen.

Albträume plagten Sebastian in dieser Nacht, noch mehr als zuvor. Mitten in der Nacht erwachte er dann vollständig. An ungestörten Schlaf war nun nicht mehr zu denken, auch wenn ihn Sebastian so sehr gebrauchen könnte. Stattdessen setzte er sich auf das Fensterbrett, dessen Fenster weit geöffnet war und starrte in die Sterne, welche so scheinheilig schienen und eigentlich für Glück stehen sollten. Doch was war schon Glück? Etwas, was Sebastian auf jeden Fall nicht hatte.